Handzeichen / Hausmarken / Hauszeichen / Hofmarken und Merkzeichen Rheinland-Pfalz

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Bochtella
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Handzeichen / Hausmarken / Hauszeichen / Hofmarken und Merkzeichen Rheinland-Pfalz

Beitrag von Bochtella » Fr 19. Mär 2021, 14:43

Grüezi Lesende,

Zur Definition der Bauernzeichen / Handgemale / Hauszeichen und Holzzeichen im Glossar.

Karl August Seel, Die Hausmarken von Bodendorf, in Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler, 47. Jg., 1990, S. 153.
Hausmarken, auch Hofmarken oder Merkzeichen, waren im Mittelalter und der Frühneuzeit übliche und weitverbreitete, persönliche Rechtszeichen. Immer an eine Person oder an Hofbesitz gebunden, wurden sie in der Nachfolge stets auf den direkten Erben oder Hofinhaber übertragen. Sie wurden bei Unterschriftsleistungen und zur Bestätigung von Rechtsgeschäften benutzt. Wir finden sie deshalb zumeist auf Urkunden und Quittungen sowie in Zehntlisten und Merkbüchern. Sie dienten darüber hinaus auch der Kennzeichnung der festen und fahrenden Habe des Zeicheninhabers.
Hauszeichen wurden daher häufig ins Fachwerk und auf Tor- und Türstürzen an Häusern und Scheunen eingeschnitten sowie auf Grabmälern und Flursteinen angebracht. Genauso wurden Pflüge und Handwerkszeug gekennzeichnet, auch Brotlaibe, wenn mehrere Parteien das gemeinschaftliche Backhaus gleichzeitig benutzten.
Sie vererbten sich stets in gerader Linie vom Vater auf den ältesten Sohn oder auch Schwiegersohn. Nachgeborene Söhne übernahmen häufig das Zeichen des Vaters, der Stammfamilie, das sie durch Hinzufügen von Strichen abwandelten, um so für sich und ihre Familie neue Hausmarken zu schaffen.
Für unsere Heimat sind Hausmarken nicht nur aus Ahrweiler und Westum, sondern z. B. auch aus Unkel und dem Kreise Daun bekannt.
Digitalisat auf einer Webseite der Kreisverwaltung Ahrweiler.

Friedbert Wißkirchen, Hausmarken - die Wappen des kleinen Mannes : Handzeichen ersetzte die Unterschrift, im Heimatjahrbuch Landkreis Vulkaneifel, 2003, S. 236.
Vor 200 Jahren war die Hausmarke in allen Dörfern des Eifel- und Moselraumes ein Begriff, ja sogar nach dem II. Weltkriege war sie in vielen Orten noch in Gebrauch, wenn im Gemeindewald Holz versteigert, Fronarbeiten verteilt wurden oder die Reihenfolge für die Benutzung des Backhauses festzulegen war. Was sind aber nun Hausmarken? Die Haus- und Hofmarken sind rein lineare Figuren, die in ihren Grundformen an Runen erinnern. Später wurden den Zeichen oftmals die Initialen des Besitzers beigefügt oder die Zeichen auch mit einem Wappenschild umrahmt. Eine Hausmarke ist -vereinfacht ausgedrückt - ein erbliches Markenzeichen, das sich eine Familie zugelegt hat. Es waren persönliche Rechtszeichen, deren Ursprung bis ins frühe Mittelalter zurückreicht, noch bevor es Wappen gab. In ganz Europa finden wir die runenhaften Zeichen, die über Deutschland hinaus auch im deutschsprachigen Raum (Italien, Österreich, Schweiz), aber auch in England und Skandinavien zu finden sind.
Vor allem zur Kennzeichnung des eigenen Hab und Gut wurde das Haus- oder Hofzeichen verwendet, auf Türsturz und Hausbalken, Haushalts-, Handwerks- und Ackergeräten eingeritzt. Auch auf Grenzsteinen und Grabsteinen finden wir Hausmarken. Ja selbst das Vieh wurde mit dem Hofzeichen versehen, wenn es mit der Gemeindeherde auf die Weide getrieben wurde. Auch Handwerker kennzeichneten ihre Produkte oft mit ihrer Hausmarke und waren damit der Vorläufer eines Markenzeichens. Vor allem Steinmetze meißelten ihr Handzeichen in die von ihnen geschaffenen Werke ein. Vielfach wurde das Haus- und Hofzeichen - die "Hausmark" oder das "Handzeichen" - bei Schreibunkundigen als Unterschrift verwendet. Auch darin ist begründet, dass die Hausmarke vom Mittelalter bis weit ins 18. Jahrhundert eine große Bedeutung hatte, weil die meisten Menschen nicht lesen und schreiben konnten und damit auch nicht in der Lage waren, Besitzurkunden, Schuldverschreibungen, Zeugenaussagen etc. zu unterzeichnen. Die Hausmarken auf Korn- und Mehlsäcken der Bauern waren dem Müller genauso geläufig, wie die Namen ihrer Besitzer. Die Hausmarke war auch nicht übertragbar, sondern blieb auch nach einem Eigentumswechsel an den Hof oder das Haus gebunden. Nachkommen des Besitzers der Hausmarke konnten - wenn sie nicht Haus- oder Hoferbe wurden - die Marke nur in abgewandelter Form führen, wobei darauf geachtet werden musste, dass Verwechslungen möglichst ausgeschlossen waren. Bei dem ungelenken Umgang mit dem Federkiel oder einem Bleistift dürfte dies wohl nicht ausgeschlossen gewesen sein.
Digitalisat auf einer Webseite vom Landkreis Vulkaneifel.

Bochtella



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