Umgang mit Sekundärquellen

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Wolf
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Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von Wolf » Mi 30. Mär 2016, 12:38

Dieser Beitrag wurde urspr. unter Imhof von Liestal BL geschrieben.
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Picea abies hat geschrieben:Ich benutzte jedenfalls Sekundärquellen nur zum Einstieg ins Original (um den Suchaufwand klein zu halten), denn ich kenne keine Sekundärquelle ohne Fehler (...). Warum werden die denn immer noch, wider besseres Wissen, abgeschrieben?
Das könnte der Beginn einer langen Diskussion werden, die vielleicht besser in ein allgemeines Thema abgespalten werden sollte :?.

Du schreibst völlig korrekt, dass Sekundärquellen als Einstieg in die Forschung den Suchaufwand verkleinern helfen. Das tun sie natürlich auch, wenn sie ins Forum (auszugsweise) abgeschrieben werden - wobei es zwingend ist, das eben als Sekundärquelle zu markieren; nur so kann die/der ernsthafte Forscher(in) den Wert der Angaben einschätzen.

Ich schreibe ja viel aus der Stemmatologia Sangallensis ab, einer Sekundärquelle, die natürlich auch Fehler enthält - aber ich gebe dabei die Quelle an ... und gelegentlich (wenn ich Unstimmigkeiten abgeklärt habe) weise ich auch auf die mir aufgefallenen Fehler hin - siehe z.B. Schlumpf von St.Gallen bzw. die Anmerkungen/Korrekturen.


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Re: Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von John Doh » Mi 30. Mär 2016, 21:20

Kann ich bestätigen. Wir haben einen zwar repräsentativen Stammbaum unserer Familie von Dr. Otto Marti aus Bern von 1951. Nachdem ich mir die Kirchenbücher der entsprechenden Gemeinden geholt habe (Lewis Rohrbach RIP) habe ich doch zahlreiche Ungereimtheiten, ja Fehler gefunden.

Allenfalls hat es dieser bezahlte Stammbaumschreiber einfach nicht so genau genommen und nicht damit gerechnet, dass sich jemals jemand die Mühe macht, das nachzuprüfen.

Aufgefallen ist mir auch, dass Kinder, die kurz nach der Geburt gestorben sind, es offenbar nicht "wert" waren, in den Stammbaum aufgenommen zu werden.

Mir ist allerdings auch aufgefallen, dass meine eigenen Transkripte aus Primärquellen (Kirchenrödeln) nicht immer fehlerfrei sind. Wie schnell übersieht man doch etwas, das sehr wichtig sein kann. So habe ich etwa das Wort "Frouw" mit "Hans" verwechselt und so das Todesdatum eines männlichen Vorfahren mit dem eines weiblichen verwechselt. Den Fehler fand ich nur dank zufälliger zweiter Lesung. Solche Sachen können eine ganze Familiengeschichte verfälschen.

LG John Doh



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Re: Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von Picea abies » Do 31. Mär 2016, 15:30

John Doh hat geschrieben: Aufgefallen ist mir auch, dass Kinder, die kurz nach der Geburt gestorben sind, es offenbar nicht "wert" waren, in den Stammbaum aufgenommen zu werden. LG John Doh
Was vielleicht daran liegen mag, dass Stammbäume, vor allem wenn sie wunderbar gestaltet an die Wand gehängt werden sollen, einfach nicht den Platz bieten der nötig wäre. Daher fehlen ja auch oft die Töchter mit deren Ehepartner, da diese sowieso a.d. Stamm 'wegfallen'.
Aus diesem Grund arbeite ich nur noch mit Stammlisten (resp. noch besser Ahnenlisten, denn wir alle stammen ja von Männlein und Weiblein ab. Und nur in der Ahnenliste bekommen die Frauen den ihnen zustehenden Platz). In der Listenform lassen sich Familien komplett mit allen Kindern erfassen und dies ergibt das aussagekräftigere Bild, als 'nur' die Stammlinie.

MfG Werner



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Re: Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von Bochtella » Do 31. Mär 2016, 16:10

Grüezi Lesende,

• Jede Primär- und Sekundärquelle ist so zuverlässig wie deren Schreiber.
Dies gilt bei Sekundärquellen auch für Lexika, Urkundenbücher, Dissertationen usw.
• Auch Primärquellen können Fehler aufweisen.
Damit kann eine Sekundärquelle im Einzelfall sogar genauer sein.
• Primärquellen richtig lesen ist das eine, die Aussagen richtig verstehen und wiedergeben das andere.
Auch dieser Umstand führt zu Fehlern in Sekundärquellen.
• Verwendete Quellen müssen unbedingt angegeben werden, damit sie einsehbar sind.
Viele Primärquellen sind allerdings verloren gegangen.

Bochtella



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Re: Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von Picea abies » Mo 4. Apr 2016, 12:40

Hallo in die Runde
Die bisher geäusserten Meinungen können sicher von allen unterschrieben werden.
Leider halten sich wohl nur wenige Genealogen korrekt a.d. Forderung Quellen zu zitieren.

Die Erfahrenen unter uns werden wohl generell gegenüber Daten die sie nicht selbst a.d. Quellen erheben können 'misstrauisch' sein - andererseits darf man sich auch die Frage des Vertrauens stellen. Ist denn von gestandenen, gar beruflich arbeitenden Genealogen nicht eine einwandfreie Datenwiedergabe zu erwarten? Ein Beispiel:

Beim Erfassen einiger Merian von Liestal mit den KB, nahm ich auch das Schw. Geschlechterbuch X, 1955, zu Hilfe. Dabei fiel mir auf, dass der Autor bei einen grossen Teil der erfassten Personen den Tag vor dem Tauftag als Geburtstag notierte ohne dass dieser mit dem KB zu belegen ist! Hat der Autor Geburtstage erfunden?
Zudem führt er für einen Teil der Merian das Bürgerrecht Basel, Liestal, Hölstein konsequent über den ganzen Stamm weiter, was für das 17. und 18. Jahrhundert im BL nicht glaubhaft ist (der Merian der in Hölstein Wegmacher war, wird kaum mehr Stadtbürger gewesen sein)! Damals schleppte man keine drei Bürgerrechte mit.
Und: Wer hat bisher Zwicky von Gauen misstraut? Sind seine Daten auch zu hinterfragen?

Mit den besten Forscherwünschen, Werner



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Re: Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von Picea abies » Di 5. Apr 2016, 12:24

Noch undurchsichtiger wird es, wenn die Zweit- zur Drittquelle ohne Quellenverweis wird.

In der im Forum oft erwähnten HiPeBa finde ich z.B. den FN Tanner mit dem Fantasiebürgerort Oltingen. Im KB Oltingen sind diese Namen nicht zu finden.
Jüngere erfasste Familien stammten / lebten nach der Einführung des Zivilstandswesens. Diese Daten konnte man nicht ohne Bewilligung erheben. Dazu bei HiPeBa absolut kein Hinweis auf diese Quelle. Gab der Autor zur Veröffentlichung im WWW 'seinen Segen'?

Soviel zur bisher geäusserten Meinung (ich zitiere frei), dass 'verantwortungsvolle' Genealogen die Quellen nennen sollen.



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Re: Umgang mit Sekundärquellen

Beitrag von John Doh » Do 7. Jul 2016, 18:49

John Doh hat geschrieben:Aufgefallen ist mir auch, dass Kinder, die kurz nach der Geburt gestorben sind, es offenbar nicht "wert" waren, in den Stammbaum aufgenommen zu werden.
Habe noch einen Erklärungsansatz für diese Tatsache gefunden: Im Taufrodel der Heimatgemeinde sind diese Geburten von Totgeburten oder kurz nach der Geburt gestorbenen Kindern nicht enthalten, im Taufrodel der Wohnsitzgemeinde jedoch sehr wohl. Da hat es wohl der Predikant der Wohnsitzgemeinde nicht für nötig gehalten bzw. war allenfalls auch nicht verpflichtet, diese an die Heimatgemeinde zu melden. Entsprechend hat wohl der Historiker, der den Stammbaum erstellt hat, nur die Rödel der Heimatgemeinde konsultiert, was man ihm ja nicht ankreiden kann. Für das "full picture" muss man aber daher auch die Rödel der Wohnsitzgemeinde prüfen.



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